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Warum ist das Spazierengehen am Rhein in Düsseldorf so schön?

Rede aus Anlass des 80. Geburtstags von Christoph Zöpel


Meine sehr geehrten Damen und Herrn,

liebe Geburtstagsgesellschaft,

lieber Christoph Zöpel,


Du hast mich gebeten, anlässlich Deines Geburtstags ein paar Worte darüber zu verlieren, warum das Spazierengehen am Rhein in Düsseldorf so schön ist.

Nun, die Antwort ist natürlich vordergründig ziemlich einfach. Spazierengehen am Rhein in Düsseldorf ist so schön, weil und seit es den Rheinufertunnel gibt.


Mit diesem Bauwerk – von dem ich einmal gesagt habe: ein Alleinstellungsmerkmal Düsseldorf sei es, dass man das wichtigste Bauwerk dieser Stadt gar nicht sehen kann – mit dem Rheinufertunnel ist die Landeshauptstadt an den Rhein zurückgekehrt und hat sich die Attraktivität, die Selbst- und Fremdwahrnehmung, vor allem aber das Lebensgefühl dieser Stadt grundlegend verändert.


Wo in Deutschland gibt es eine Waterfront, auf der – wenn das Wetter mitspielt – am Wochenende fast 100.000 Menschen flanieren und das – gerade durch dieses Bauwerk geschaffene – Flair Düsseldorfs genießen.


Der Rhein ist auch in der südlich von uns gelegenen Großstadt schön. Aber das Lebensgefühl am Rheinufer – das werden auch unsere Freunde in Köln bestätigen – ist in Düsseldorf ein anderes.


Würde man heute eine Umfrage machen, ob der Bau des Rheinufertunnels eine gute Idee war, bekäme man Resultate, die man ansonsten nur von Abstimmungen in totalitären Regimen kennt – allerdings mit dem kleinen Unterschied, dass sie der Wahrheit entsprechen.


Umso überraschender erscheint es, dass die Entscheidung für den Bau des Rheinufertunnels seinerzeit höchst umstritten war. Tatsächlich war es eine Mischung aus glücklichen Zufällen, vor allem aber mutige und für ihre Überzeugung brennende Politiker, denen wir dieses Jahrhundertbauwerk zu verdanken haben.


Lieber Christoph,


in Deiner Rede im Düsseldorfer Rathaus aus Anlass des 25. Geburtstags des Rheinufertunnels hast Du darauf hingewiesen, dass ausgerechnet die Fortführung des Braunkohletagebaus in Nordrhein-Westfalen ursächlich dafür war, dass Du den Rheinufertunnel realisieren konntest. Denn Dein Widerstand gegen die Fortführung des Braunkohletagebaus führte dazu, dass Dir die Zuständigkeit hierfür genommen, Dir im Gegenzug aber die Zuständigkeit für die Verkehrspolitik gegeben wurde. So bestätigt sich mal wieder eine meiner Lieblingsweisheiten: nichts ist so schlecht, dass es nicht auch sein Gutes hätte.


So konntest Du als damals noch recht junger Minister für Landes- und Stadtentwicklung und Verkehr im dritten Kabinett Rau Deine Vorstellung einer zeitgemäßen Stadtentwicklung verwirklichen.


Im damaligen Düsseldorf Oberbürgermeister Klaus Bungert fandest Du einen kongenialen Partner und mit Karl Ganser aus Deinem Ministerium und Erich Waaser aus dem städtischen Tiefbauamt zwei außergewöhnliche Mitarbeiter, die die Realisierung dieses Projektes maßgeblich in die Tat umsetzten.


Auch wenn die Begeisterung für den Rheinufertunnel heute einhellig ist, kommt einem die damalige Diskussionsmit Blick auf heutige städtebauliche Entscheidungen von erheblicher Tragweite durchaus bekannt vor.


Da gab es natürlich die allgemeinen Bedenken, ob man so viel Geld für ein Verkehrsprojekt ausgeben sollte – Geld, das man ja auch für Kindergärten, Schulen, Kultureinrichtungen oder Gebührensenkungen ausgeben könnte.


Vor dem Hintergrund der vergleichsweise geringen Kosten des Rheinufertunnels von gerade einmal 550 Millionen – nota bene – DM, von denen die Stadt lediglich 20 % übernehmen musste, erscheint diese Diskussion allerdings aus heutiger Sicht doch ein wenig kleinlich. Ich darf daran erinnern, dass der Köbogen-Tunnel über 300 Millionen – und zwar diesmal – Euro gekostet hat, und kein Cent davon von Bund oder Land kam; und die Wehrhahnlinie, die mit fast 1 Milliarde Euro zu Buche schlug, wurde von Bund und Land gerade mal zu knapp 50 % gefördert.


Bedenken kamen auch mit Blick auf konkurrierende Straßenprojekte. War die Rheinquerung der A 44 aus Sicht der Hauptgeldgeber, Land und Bund, nicht ein viel wichtigeres Projekt? Letztlich wurden bekanntlich beide Projekte realisiert, wenn auch zum Glück in der richtigen Reihenfolge, denn die Fertigstellung der Flughafenbrücke dauerte bekanntlich noch fast 15 Jahre.


Und wie üblich gab es auch Proteste der Anlieger und Einzelhändler. Natürlich hat niemand gerne eine derartige Großbaustelle vor der Nase; allerdings dürfte der Bau des Rheinufertunnels auch insofern einzigartig sein, als die geplante Bauzeit von gerade einmal dreieinhalb Jahren um keinen einzigen Tag überschritten wurde. Ein Baustellenmanagement, wie wir es uns heute kaum mehr vorstellen können.


Besonders grotesk erscheint aus heutiger Sicht, die Sorge der Rheinanlieger, die – so wurde mir erzählt – allen Ernstes befürchteten, der Wert ihrer Grundstücke könnte darunter leiden, wenn sie nicht mehr direkt mit dem Auto angefahren werden können. Bekanntlich gibt es wohl kaum einen Ort in Deutschland, an dem die Grundstückspreise in den letzten 30 Jahren so explodiert sind wie entlang des Rheinufers in Düsseldorf.


Hätte man heute noch einmal den Mut, ein vergleichbares Bauwerk zu beschließen?


Ich möchte es bezweifeln. Politiker wie Christoph Zöpel, die eine Vision der modernen menschengerechten und lebenswerten Stadt haben, und dazu die Traute, diese auch durchzusetzen, sind selten geworden. Und die Politiker, die für ihre Überzeugungen und im Interesse der Integrität ihres Antes sogar bereit sind, ihren Posten zu Disposition zu stellen, gibt es praktisch gar nicht mehr.


Der Politiker von heute lebt – in der Diktion Max Webers – von der Politik und nicht für die Politik; da steht mit einem Amtsverzicht schnell die berufliche Existenz auf dem Spiel. Und wer von der Politik lebt, lernt schnell, dass das probateste Mittel, im Geschäft zu bleiben, immer noch ist, sich geschmeidig durchzulavieren und unter allen Umständen allfällige Shitstorms zu vermeiden. Und das geht am einfachsten, wenn man Besitzstände respektiert und Bestehendes nicht infrage stellt.


Ein Projekt, das Abschied nimmt vom jahrzehntelang praktizierten Modell der autogerechten Stadt, ein Projekt, dass für eine bislang nicht gekannte Lebensqualität erhebliche Haushaltsmittel beansprucht, ein Projekt mit dem Potenzial, Aussehen und Lebensgefühl einer ganzen Stadt grundlegend zu ändern – so ein Projekt erfordert politischen Mut.


Und Mut ist in der Politik eine knappe Ressource geworden. Denn in der Regel sind diejenigen einfach zu identifizieren, die bei einer Veränderung – tatsächlich oder vermeintlich – etwas verlieren. Sie bestimmen die Diskussion, nicht aber diejenigen, die von der Veränderung profitieren.


Bestes Beispiel ist in Düsseldorf die Diskussion um die autofreie Kö. Natürlich kennt jeder Einzelhändler einen Kunden, dem es gefällt, mit dem Auto direkt vor seinen Laden zu fahren. Die – sicherlich viel zahlreicheren – Kunden, die gerne über eine Kö zu flanieren würden, die nicht vollgestellt ist mit automobilem Blech und nicht gequält wird von schleichenden Parksuchverkehren, spielen in der Diskussion hingegen kaum eine Rolle. Und entsprechend eiert die Diskussion herum.


Aber genug der Düsseldorfer Kommunalpolitik. Kommen wir zur Ausgangsfrage zurück. Warum ist das Spazierengehen am Rhein in Düsseldorf so schön?


Richtigerweise muss die Antwort heißen: Weil es Politiker wie Christoph Zöpel gegeben hatte, die die Vision davon hatten und den politischen Mut, sie durchzusetzen.


Dafür, aber nicht nur dafür, Dir,

lieber Christoph, herzlichen Dank an Deinem heutigen Ehrentag und Glückwunsch für alles, was noch kommen mag!

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