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Parteitagsrede zum 1. Bundesparteitag

gehalten im Kosmoskino, Berlin, am 27.01.24


Liebe Freundinnen und Freunde,


während wir hier in Berlin unseren Parteitag abhalten, demonstrieren in ganz Deutschland Hunderttausende von Menschen. Allein in Düsseldorf wird mit über 50.000 Menschen gerechnet. Wäre ich nicht hier, wäre ich auch dabei. Denn was Rechtsradikale und Nazis im Umfeld von AfD und Werteunion planen, ist widerwärtig und verabscheuungswürdig und muss auf den erbitterten Widerstand aller Demokraten stoßen. Aber in einer Hinsicht sollten wir ein wenig vorsichtig sein. Es darf nicht passieren, dass sich durch diese Demonstrationen diejenigen bestätigt fühlen oder gar an deren Spitze setzen, die dafür verantwortlich sind, dass die Menschen in Deutschland zurecht unzufrieden, manchmal auch wütend und verzweifelt über den Zustand unseres Landes sind.





Denn 15 Jahre CDU-Regierung und zwei Jahre Ampel-Regierung haben aus Deutschland einen Sanierungsfall gemacht. Und verantwortlich dafür ist nicht das Schicksal, sondern falsche politische Weichenstellungen.


Es hat mit Politik zu tun, dass unser Bildungssystem immer schlechter ausgestattet und unterfinanziert ist und kaum mehr soziale Durchlässigkeit ermöglicht.


Es hat mit Politik zu tun, dass immer mehr Unternehmen den Standort Deutschland verlassen, weil sie mit Bürokratie erschlagen werden und keine qualifizierten Fachkräfte finden.


Es hat mit Politik zu tun, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufgeht und die Vermögenverteilung zwischen oben und unten – aber auch zwischen Ost und West – immer ungerechter wird.


Es hat mit Politik zu tun, dass sich vielerorts Parallelgesellschaften entwickeln, die sich der gesellschaftlichen Solidarität entziehen, kaum mehr integrierbar sind und den sozialen Zusammenhalt gefährden.


Und es hat mit Politik – mit gravierenden ordnungspolitischen Fehlentscheidungen – zu tun, dass unsere Infrastruktur – Straßen, Schienen, Energie- und Telekommunikationsnetze – marode ist und nicht vernünftig ausgebaut wird.


Hiermit muss Schluss sein. Wenn es darum geht, unsere Demokratie, den sozialen Zusammenhalt und unseren Wohlstand zu retten, dann wird es auf

Dauer nicht reichen, auf die Straße zu gehen. Dann brauchen wir eine neue Regierung! Keine, die sich in erster Linie mit Genderfragen, Fragen der sexuellen Identität und der Legalisierung von Cannabis befasst. Dann brauchen wir eine Regierung, die diese Themen, diese Brot-und-Butter-Themen, die die Menschen in diesem Land wirklich bewegen, wieder ganz oben auf die politische Tagesordnung setzt!


Liebe Freundinnen und Freunde,


Ihr könnt euch vorstellen, dass ich viele Reaktion bekommen habe, als bekannt wurde, dass ich nach 40 Jahren aus der SPD aus trete. Natürlich war auch Enttäuschung, in wenigen Fällen auch Ablehnung und manchmal Häme dabei. Ganz überwiegend waren die Reaktion aber positiv. Und zwar quer durch meinen Freundeskreis, der durchaus ein recht breites politisches Spektrum repräsentiert. Für mich hat dies deutlich gemacht: Mit unserer Partei werden große Hoffnungen verknüpft. Und was viele Menschen, ganz besonders fasziniert ist unser selbstgesetzter Anspruch, Politik mit Vernunft und für Gerechtigkeit zu machen. Denn manchmal hat man fast den Eindruck, Politik und Vernunft seien unvereinbar, ja geradezu Gegensätze geworden.


Schauen wir uns nur die Klimapolitik der Ampel an. Es ist offensichtlich unvernünftig, vorzeitig funktionierende Kohlekraftwerke abzuschalten, wenn die Gesamtmenge an CO2, die emittiert werden darf, bereits europaweit festgelegt ist. Dann nützt eine solche Maßnahme nicht dem Klima, sondern schadet allein unserem Land!


Es ist auch unvernünftig, Verbrennungsmotoren ab 2035 zu verbieten, solange bspw. entscheidende Fragen bei Produktion und Entsorgung der Batterien nicht geklärt sind. Mit einer solchen Politik setzen wir nur Hunderttausende von Arbeitsplätzen in Deutschland auf Spiel!


Es ist auch unvernünftig zu beklagen, die Menschen hätten keinen Anreiz zur Arbeit, wenn man gleichzeitig zulässt, dass das Bürgergeld stärker steigt als der Mindestlohn. Dass der Mindestlohn nicht einmal um die Inflationsrate erhöht wird, ist nicht nur unvernünftig, sondern verstößt sogar gegen die Mindestlohndirektive der EU. Überall ist Deutschland der Musterschüler, wenn es um die Umsetzung von EU-Recht geht. Wieso ausgerechnet beim Mindestlohn nicht?


Es ist auch unvernünftig und widersprüchlich, wenn Herr Scholz von Bürokratieabbau redet, gleichzeitig aber sein Kanzleramt für 800 Millionen € vergrößern möchte. Aus Erfahrung wissen wir doch: Bürokraten ziehen Bürokratie an!





Liebe Freundinnen und Freunde,


Bis zur Europawahl sind es gerade noch gut vier Monate. Das ist eine Herausforderung für eine Partei, die sich gerade erst gegründet hat. Aber ich bin überzeugt, mit dem Programm, das wir heute vorgelegt haben, und mit den Personen, mit denen wir antreten, werden wir viele Menschen in diesem Land überzeugen.


Wer will, dass Europa nicht zerrieben und instrumentalisiert wird in einem neuen Kalten Krieg oder im globalen Handelskrieg zwischen Amerika und China, der muss BSW wählen.


Wer will, dass Europa mit vernehmlicher Stimme seine Interessen in einer immer komplizierteren – wie man so schön sagt – multipolaren Welt äußert, der muss BSW wählen.


Wer will, dass Europa nicht zu einer übergriffigen Bürokratie wird, sondern für faire Wettbewerbsbedingungen in einem gemeinsamen Markt sorgt; wer will, dass Europa Steuersenkungswettbewerbe, Sozial- und Umweltdumping verhindert, statt neoliberaler Privatisierungs- und Kommerzialisierungsideologie das Wort zu reden, der muss BSW wählen.


Kurzum: wem Europa am Herzen liegt, der wählt am 9. Juni das Bündnis Sahra Wagenknecht, Vernunft und Gerechtigkeit!


Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen, dass am 9. Juni ein klares Signal gesendet wird für einen neuen Aufbruch in Europa und in Deutschland.


Vielen Dank, dass ihr mir zugehört habt.

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1 commentaire


Josef Gilles
Josef Gilles
03 févr.

Gegen Rechtsradikale zu sein und dann ähnliche Forderungen als Linksradikale zu stellen, kann nicht die Lösung sein. Mit der BSW haben sich aus dem demokratischen Parteienspektrum verabschiedet.

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