Innerhalb weniger Monate erzielt das BSW große Erfolge. Kurz vor den Landtagswahlen im Osten erklärt der Europaabgeordnete Thomas Geisel, was die Partei von ihren Wettbewerbern unterscheidet.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat etwas geschafft, was noch keiner Partei vorher gelungen ist. Bereits knapp ein halbes Jahr nach seiner Gründung hat es bei einer bundesweiten Wahl, nämlich der Europawahl am 9. Juni, locker die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen und macht sich mittlerweile anheischig, bei den Landtagswahlen im Osten nicht nur die Parteien der Berliner Ampelkoalition zu überholen, sondern nach der Regierungsverantwortung zu greifen.
Was ist das Erfolgsrezept des BSW?
Natürlich profitiert die Partei von der, gerade im Osten weitverbreiteten, Unzufriedenheit mit der aktuellen Bundesregierung. Aber anders als die AfD verspricht das BSW seinen Wählern mehr als lediglich „denen da oben“ mal einen Denkzettel zu verpassen. Sahra Wagenknecht und ihre Mitstreiter versprechen eine Politik mit Vernunft und für Gerechtigkeit, sprich: eine Politik, die unser Land aus der wirtschaftlichen Stagnation führt und gleichzeitig den sozialen Zusammenhalt wiederherstellt.
Kann die Partei diesen Anspruch einlösen? Vor allem: Hat sie das hierfür geeignete Personal?
Es liegt auf der Hand, dass eine Partei, die über keine nennenswerte Organisation verfügt, aber aus dem Stand bundesweit fast zweistellige Werte erreicht, in das Beuteschema von politischen Karrieristen und Glücksrittern fällt. Deshalb ist es richtig und nachvollziehbar, dass die Partei sich ihre Mitglieder etwas genauer anschauen möchte. Wer in der Vergangenheit seine Parteimitgliedschaft mit der vermeintlichen Laune des Zeitgeistes gleich mehrfach gewechselt hat, dürfte mit Vorsicht zu genießen sein. Ebenso diejenigen, denen es offenbar in erster Linie darum geht, sich ein politisches Pöstchen zu ergattern oder ein bereits erworbenes zu behalten. Dies gilt für Berufspolitiker generell, unabhängig davon, ob ihre persönlichen Perspektiven oder diejenigen ihrer bisherigen Partei gegenwärtig nicht allzu rosig aussehen; natürlich auch für eine Reihe von Ex-Linken, die Sahra Wagenknecht in der Vergangenheit das Leben schwer gemacht haben, sich unter ihrer Fahne jetzt aber ihre Mandate sichern wollen.
Wichtig ist, dass die neue Partei nicht zur selben selbstreferenziellen Blase wird, die bereits ihren Konkurrenten – gleich welcher Couleur – zum Verhängnis wurde. Aber hier genießt das BSW ein Alleinstellungsmerkmal, das die Partei von ihren Wettbewerbern unterscheidet. Wenn man sich die Wähler, vor allem aber die registrierten Unterstützer des BSW anschaut, so handelt es sich bei ihnen um ein buntes Völkchen, das sich schwerlich eindeutig zuordnen lässt. Kaum ein soziales Milieu, das nicht vertreten wäre; und die vormaligen Parteipräferenzen der BSW-Sympathisanten sind fast genau entsprechend ihrer jeweiligen Stärke auf die Altparteien verteilt – mit einem leicht überproportionalen Anteil der Nichtwähler.Das ist natürlich eine große Chance. Denn anders als die Konkurrenz
(mit Ausnahme vielleicht der CDU/CSU) kann das BSW glaubwürdig den Anspruch erheben, eine Volkspartei zu sein, die auch höchst unterschiedliche soziale Milieus zu integrieren vermag.
Ganz einfach ist es freilich nicht, diesen Anspruch einzulösen. Denn es bedeutet, gezielt inhaltliche, aber auch personelle Impulse von außen aufzunehmen. Die Festlegung, die Partei in den Landesverbänden durch eine Doppelspitze zu führen, von denen maximal ein Mitglied ein ehemaliger Linke-Funktionär sein kann, geht dabei in die richtige Richtung ebenso wie die Einrichtung von Expertenräten, die in ihrer Zusammensetzung ein breiteres Meinungsspektrum repräsentieren und bei der Programmentwicklung assistieren sollen. Eine Gefahr besteht natürlich darin, dass eine breitere inhaltliche Aufstellung schnell als Meinungsstreit interpretiert werden kann. Und bekanntlich wird das in der veröffentlichten Meinung nicht selten genüsslich ausgeschlachtet mit der Folge, dass es mit Blick auf den Erfolg keine Alternative zur „Geschlossenheit“ zu geben scheint, selbst wenn diese sich nur noch in inhaltsleeren Phrasen ausdrückt. Aber vielleicht liegt hierin sogar eine Chance.
Warum das Bündnis Sahra Wagenknecht nach seiner Gründerin benannt wurde
Immerhin hat sich das BSW den Begriff der Freiheit auf die Fahnen geschrieben, der gerade darin seinen Ausdruck finden soll, dass der zulässige Meinungskorridor nicht immer weiter verengt werden darf, wie es in Zeiten von allgegenwärtiger Cancel Culture und überbordender Political Correctness der Fall ist. Insofern kann die Partei vielleicht auch ein Beispiel geben, wie komplexe Fragestellungen in einem zivilisierten politischen Diskurs entschieden werden können. Natürlich kann dabei nicht alles erlaubt sein. Bestimmte Positionen sind gesetzt: der Einsatz für Frieden und Konfliktbeilegung auf dem Verhandlungswege oder der Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit beispielsweise. Und letztlich wird auch Sahra Wagenknecht ihren Namen nicht für jede denkbare Entscheidung hergeben. Ein Grund übrigens, weshalb die Benennung der Partei nach ihrer Gründerin gerade in der Anfangszeit durchaus vernünftig ist.
Viele Menschen haben sich von der Politik abgewandt. Auch solche, die an sich den Beruf zur Politik hätten. Ein Grund mag darin liegen, dass man sich schon fragen kann, warum man sich das antut vor dem Hintergrund eines weitgehenden Verzichts auf Privatleben, eines – nicht selten – medialen Dauerbeschusses und einer vergleichsweise bescheidenen finanziellen Entschädigung. Häufiger allerdings dürfte der Grund ein anderer sein, nämlich der, dass sich die politischen Parteien politische Mandate zur Beute gemacht haben und sie innerhalb ihrer eigenen Blase verteilen. Dies ist ein Grund, weshalb immer mehr Menschen nach dem Motto „Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal“ Karriere machen und der politische Betrieb zum Closed Shop wird. Auch hier macht das BSW einen Unterschied. Immerhin sind zwei Mitglieder des Parteipräsidiums echte Quereinsteiger: Personen, die jahrzehntelang im „normalen“ Berufsleben standen und nunmehr mit Leidenschaft für die – eher als von der – Politik leben.
Glaubwürdig den Anspruch vertreten, Volkspartei der linken Mitte zu sein und politisches Talent von außerhalb der Blase mobilisieren – wenn das gelingt, dann wird der Erfolg des BSW bei der Europawahl am 9. Juni nicht nur kein Strohfeuer gewesen sein, sondern ein veritabler Aufbruch für eine neue politische Kultur in Deutschland. Die nächsten Monate werden insofern entscheidend sein.
Thomas Christian Wilhelm Geisel wurde am 26. Oktober 1963 in Ellwangen geboren. Er ist Mitglied des BSW, zuvor SPD, und seit Juli 2024 Mitglied des Europäischen Parlaments. Von 2014 bis 2020 war er Oberbürgermeister der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf. Bei der Europawahl 2024 war er gemeinsam mit Fabio De Masi Spitzenkandidat des BSW und erhielt ein Mandat im Europäischen Parlament.
Der gesamten Artikel der Berliner Zeitung vom 18. August 2024 ist auch unter folgendem Link abrufbar: https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/thomas-geisel-das-bsw-ist-aus-dem-stand-heraus-eine-volkspartei-geworden-li.2245601
Die Änderung der Geschäftsordnung ist mit einfacher Mehrheit mit den Stimmen von CDU, BSW, SPD und Linke (55 Stimmen) angenommen
https://www.thueringer-allgemeine.de/politik/article407335121/liveticker-sitzung-thueringer-landtag-parlament-tritt-erneut-zusammen.html
BSW ist völlig unwählbar. Eine Schein-Opposition, der es nur darum geht, zur Party eingeladen zu werden, anstatt die Party zu beenden.
https://www.youtube.com/watch?v=z-QiyOEbyCU
BSW ist definitiv Teil der Einheitspartei.
Leider ist das BSW auch nur eine weitere Blockpartei. Da kann man auch gleich die CDU wählen. Nach der Wahl in Thüringen werden hoffentlich viele Wähler merken, daß es sich um Etikettenschwindel handelt.